Jan Svenungsson

Imdahl, Georg. "Der sechste Schornstein sucht einen Betrachter",

in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 12.7.2001


(...) Beflügelt wird die zweite westfälische Wald- und Wiesenbiennale durch eine Reihe von Arbeiten, in denen der geneigte Wanderer wohl Schildbürgerstreiche vermutet, der erprobte Kunstliebhaber aber Objekte von Duchamps Urenkeln erkennt. Welchem Zweck, so wird man fragen dürfen, dient der fünfzehn Meter hohe "Sechste Schornstein", den der Schwede Jan Svenungsson an der Pentruper Mersch in Greven-Hembergen hat errichten lassen - an einem Waldstück, wo er niemals Rauch entsteigen lassen wird?

Der Schlot diene dem Andenken der "historischen Industriearchitektur", lautet eine der Antworten, die der kleine Cicerone offeriert. Ebenso aber erinnert er an einen der fünf früheren Türme aus der nostalgischen Produktion Svenungssons. In Brandenburg hatte ein solcher Turm bereits den Rechnungshof auf den Plan gerufen, der dem unzeitgemäßen Relikt auf den Leim ging und einen Verstoß gegen alle Regeln wirtschaftlicher Vernunft anprangerte. Auch die "Hommage an die surrealen Traumlandschaften de Chiricos" möchte man in dem Denkmal erblicken, besonders überzeugend aber ist der Schornstein als Plädoyer für die "Wirkmacht purer Schönheit" - begründet sich diese doch ganz aus sich selbst: dem zwecklosen Wohlgefallen.
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Georg Imdahl